Kolumne: Once you go excellence, you can never go back »Wie kann es sein, dass Menschen, die Philip K. Dick für einen Pornostar, Asimov für eine Wodkasorte, E. T. A. Hoffmann für einen Schlagersänger und Hans Dominik für den Radiomoderatoren Domian halten, in einem Verlag für utopische Literatur Entscheidungen treffen dürfen?« (Kathrin Elfman) Meine erste Zusammenarbeit mit einem Großverlag in den frühen 90ern lief geradezu bilderbuchschön ab. Was vor allem an der tollen Lektorin lag. Eine kluge Frau, die mich nachhaltig inspiriert hat. Älter als ich, Doktortitel, viele VÖs in der Vita, eine konstruktive, zielführende Art, mit der sie mir bei der Optimierung meines Manuskripts half. Das Buch wurde gut und verkaufte sich in fünfstelliger Stückzahl. Diese positive Erfahrung hat mich quasi »versaut«: Ich kann nicht mehr mit Idioten ... bei wordpress weiterlesen
Hier schließt sich der Kreis zum Eingangszitat, mit dem heute meine liebe Kreativ-Kollegin Stella ebenjenen Sachverhalt auf den Punkt brachte. Meeting. Mir gegenüber eine, ahem, »Lektorin« Mitte 20, die an ihrer Kleinmädchen-Ponyfrisur rumfummelt und dabei mit Acryl-Fingernägeln schnippt, außerdem ein Praktikant sowie die erkennbar desinteressierte Programmleiterin. Der Verleger selbst ist angeblich ein Fan von deutschsprachiger Sci-Fi, jedoch nicht anwesend. Was ich auch gerne über mich sagen würde, doch ich habe einen Job: Stoff verkaufen. Süffiger Wissenschafts-Thriller made in Germany. Ich könnte genausogut Texte über sechswertige Schichtsilikate oder natives Hydrauliköl pitchen. Statt ihr Bildungsdefizit einzuräumen und etwas dagegen zu tun, fängt das Nagelmodel an, sich um Kopf und Kragen zu reden: »Ähm, da fehlt mir der Twilight-Approach, so vampirmäßig. Verschiedene Realitäts-Ebenen? Verstehen die Leser nicht. Heinlein, wer? Nie gelesen. Frequenzmodulation, Quantenphysik? So wie in Lost? Ja, hab ich schon damals nicht kapiert, hihihi. Wann ist die erste Sexszene? Nee, früher. Bringen Sie im ersten Kapitel was mit BDSM. Die weibliche Hauptfigur soll sich der männlichen unterordnen. Noch eine Frau? Streichen wir. Dieses Phasenschiebding erfindet halt der Mann, das ist eh glaubwürdiger. Wissenschaftlerin, wichtig für den Plot? Na gut, dann soll sie mit der anderen was anfangen, bisschen bi muss sein. Einen Migrationskonflikt müssen Sie einbauen, und lassen Sie die Physik weg. Überhaupt soll es Richtung Scheißaufgrey gehen …« Ich finde alleine raus, danke. Und ich mache die Tür ganz leise zu. Ohne zu schreien, Möbel umzuschubsen oder das impertinente Huhn zu ermorden und auf den Grill zu legen. Obwohl, Lust auf Frango Piri Piri hätte ich ja. In solchen Momenten bin ich ratlos. Was ist passiert im Land der Dichter und Denker? Seit meinem Debüt durfte ich 13 Bücher und mehr als 800 Auftragstexte veröffentlichen. Manche ohne eine Änderung, manche mit etlichen Korrekturrunden, aber immer so, dass am Schluss alle happy waren: Leser, Verlag et moi. Und nun? Sitzen mir statt Lektorinnen antifeministische Barbies gegenüber, die von Literatur noch weniger verstehen als ein Heftpflaster von Atomphysik. Wie soll man da anständige Bücher machen? Wo sind die Verleger, die das Gleiche wollen wie ich: gute Geschichten produzieren? Wo sind die Lektoren, die ihren Beruf gelernt haben und wissen, wie Stoffentwicklung geht? Die literarisch wie dramaturgisch bewandert sind und aus einem ordentlichen Manuskript ein druckreifes machen können? Die anständiges Deutsch sprechen, lesen, verstehen, schreiben und verkaufen können? Wo sind die Verlage, die Geschichten für die Millionen Fans von Phantastik à la »Das Blaue Palais«, »Amazing Stories« und »Ubik«, »Mächte des Wahnsinns«, »Vanilla Sky«, »Donnie Darko«, »Welt am Draht« oder »Die Elixiere des Teufels« verkaufen wollen? Wo? Alle aus dem 12. Stock gesprungen oder nach Lanzarote ausgewandert? An dieser Stelle ein herzhaft geschmettertes DANKE an den Verleger meiner Erotikromane. Es gibt sie, die »richtigen« Verleger. Von der Sorte bitte mehr! Comments are closed.
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