Eine von vielen, vielen aktuellen Fender Produktseiten mit Texten aus meiner Feder.
Website: http://shop.fender.com/de-DE/mustang-gt Eigentlich wollte ich ja nur diesen genialen Kurzfilm »Modern Educayshun« von Neel Kolhatkar vorstellen. Aber beim Versuch, ihn anzuteasern, sind mir so viele Parallelen zum aktuellen Gesellschaftsbild hier aufgefallen, dass ich sie nicht unerwähnt lassen will. Denn der Wunsch nach Geführtwerden bewirkt derzeit schlimme Veränderungen. Die Sehnsucht nach einem Oberchef, der einem die Verantwortung fürs eigene Dasein abnimmt, nach schweren strammen Ketten, die das kuschlige Gefühl von »gut aufgehoben sein« vermitteln, verwandelt nette normale Menschen in Zombies und Hochkulturen in Kriegsschauplätze.
Es fühlt sich ja sooo gut an, auf der richtigen Seite zu stehen, nicht ? Niemand ist jemand, alle sind gleich, die Partei hat immer Recht. Endlich ruhig schlafen. Wissen, was man zu denken und wen man zu dissen hat, weit weg vom Ich, weit weg vom aufrechten Gang. Ohne Fragen, ohne Gedanken, ein gut funktionierender Knecht. Die Gitarre verbrennen, die Freiheit gleich mit. Liebe braucht auch kein Mensch – Abstoßend, grotesk? Na, das hoffe ich doch! Für eine verstörend große Mehrheit ist diese Art zu denken bereits Normalität... > Ganze Story lesen Kunde: Kia Motors Europe
Projekt: Website Kia Niro I Webspecial Agentur: BippesBrandão Text: Kathrin Elfman Website: www.kia.com/de/specials/niro 17/6/2017 Essay: Moderne Kriegsführung – Truther, Trolle und die Erfindung der SchlafschafeRead Now Wer von uns denkt nicht mit leiser Wehmut zurück an myspace? Hach, schön. Nach BTX und UUCP, Newsgroups im Usenet, ICQ und AOL endlich eine Plattform in Beinahe-Echtzeit, die auch für Nicht-Nerds nutzbar war. Der Begriff »Social Media« war noch nicht erfunden, geschweige denn, dessen Monetarisierung. Es gab keine Spy-Apps, die unser Nutzerverhalten in geldwerte Datenklumpen umrechneten. Keine Second- und Third-Screen-Kampagnen, keinen Chat, keinen Stream, keine Emoticons, keinen Meinungs-Terrorismus, keine Meme-Seuche, keine eingebetteten Fremdmedien. Es gab Foren und Profile. Und direkte, persönliche Interaktion. Millionen Ansichten. Und alle sind wahr.Eine Community im besten Sinne: Millionen User, die in ihrer Individualität buntwildnaiv aufeinanderprallen und ausprobieren, wie das so geht mit dem virtuellen Zusammentun. Ohne Stellvertreter-Autoritäten, die dem Ganzen eine künstliche ideologische Struktur aufzwingen, mit der die User nach abstrakten Kategorien sortiert und gemaßregelt werden. Man setzt sich direkt miteinander auseinander. Mit unzensierten klaren WORTEN. Man kommuniziert. Man artikuliert sich und sagt, was man zu sagen hat. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich mich damals dort mit Hunderten, später Tausenden von Kreativkollegen, Musikern und Künstlern aus Deutschland und aller Welt vernetzt. Es war spannend, surreal, erfreulich, verstörend, hilfreich, inspirierend und nie langweilig. Der Proberaum, das Schreibstübchen, das Atelier hatten keine Wände mehr, sondern die ganze Welt in Schulterblick- Reichweite. Ergebnis: viele interessante Bekanntschaften, die sich teilweise bis ins Reallife fortsetzten, kreative Kooperationen, aus denen mehrere Tonträger und Bücher entstanden sind, sowie diverse spaß- und gewinnbringende Text-Deals. Ja, auch potenzielle Auftraggeber aus Medien, Labels und Verlagen tummelten sich bei myspace. Vibe: Hier geht was. Genau wie vom Gründer Tom Anderson vorgesehen. Nach ein paar fröhlichen, fruchtbaren Jahren kam der Paukenschlag, mit dem innerhalb weniger Tage alles vorbei war. Plötzlich waren Funktionalitäten nicht mehr nutzbar, Foren und Nachrichten verschwunden, statt der Profil-Inhalte prangten Site Takeovers und riesige animierte Banner auf den Seiten, die Plattform wechselte den Eigentümer und wurde zur Abspielstation für Daddelprodukte umgewandelt. Ende, aus, vorbei. Viele von uns nahmen den bereitstehenden Fluchtbus zu Facebook. Man traf sich wieder, vernetzte sich erneut über Zeitzonen und Kontinente hinweg, alles war gut. Zumindest am Anfang. Überfütterte Egos, Trolle und SpendenbuttonsSeit 2010 gibt es ein neues Phänomen, das vor allem bei Facebook, Wordpress und Youtube monströse Ausmaße annimmt: die sogenannten Truther. Für uns Kreative eigentlich irrelevant. Wir sind es gewohnt, uns eigene Gedanken zu machen und brauchen keinen Vorturner, der uns die Welt erklärt. Auf derartige Meinungs-Bevormundung reagiert unsereins eher angefressen. Außerdem sind wir meistens mit unserem Kram beschäftigt, schreiben Texte, Bücher und Songs, machen Musik, Filme und Bilder, nähen Klamotten, fahren Schiffe, fliegen Flugzeuge, pflanzen Essen an, reparieren Autos, bauen Häuser, Musikinstrumente oder Küchengeräte und treffen uns privat zum tiefgehenden Gedankenaustausch. Im virtuellen Raum ist das schwierig geworden, denn hier wird mit energetischen Splitterbomben geschmissen. Wie Pilze im Sommerregen quellen immer neue virtuelle Präsenzen von sogenannten »Truth Warriors«, »Lichtarbeitern« oder »Weisheitslehrern« im Namen aller möglichen Ideologien aus dem digitalen Boden. Vom internationalen Bestseller-Autor über den klassischen Mainstream-Erklärbär bis zum laktoseintoleranten Grüngürtel-Esoteriker hat plötzlich jeder Meinungsfaschist seine Social Media Präsenz, über die er jedem, der nicht rechtzeitig seine Blockierliste erweitert, ungefragt irgendeine pseudo-politische, quasi-spirituelle, scheinbar systemkritische Theorie inklusive dazugehörendem Feindbild aufdrängt. Selbstverständlich bietet er auch den ultimativen Weg zur Wahrheit an. Kostenpflichtig, versteht sich. Ob als Seminar, Workshop, Buch, Coaching oder Kongress. Oder als Spende. Als echter Systemkritiker hat man einen Paypal-Spendenbutton auf seinem Profil. Das System wird zwar wortreich als scheiße bezeichnet, ist aber nicht scheiße genug, als dass man es nicht zur persönlichen Bereicherung nutzen könnte. Passt, wackelt und hat erstaunlicherweise jede Menge Zulauf. »Endlich erklärt mir jemand, wer schuld ist!«Der Vorher-Nachher-Effekt ist erschreckend: Wo vorher eine knallbunte Masse aus Individualisten war, die sich verbündeten, zofften oder ignorierten, sind praktisch über Nacht neue Kriegsschauplätze und Armeen entstanden. Nicht zufällig, sondern strategisch gesteuert von genau denjenigen, die doch angeblich soooooo besorgt um das Wohl der Menschheit sind. Die quirlige, vielseitige Community wurde gerastert, genormt, standardisiert und in feindliche Lager aufgeteilt. Zu diesem Zwecke etablierten sich auch zahlreiche neue Begriffe, deren martialisch-militärisches Wording einem direkt sagt, wes Geistes Kind dahintersteckt. Zuerst erfindet man einen imaginären Feind, dann dichtet man ihm unsichtbare Massenvernichtungswaffen an, schwupps sind alle dafür, den Schlimmi auf brutalstmögliche Weise samt ein paar Millionen Zivilisten ins Jenseits zu bomben. Endlich, endlich weiß man, wer böse ist, und wen man ganz offiziell hassen darf. Auf einmal gibt es »Schlafschafe«, die gegen »Verschwörungstheoretiker« kämpfen. Oder »Linke«, die gegen »Rechte« zu Felde ziehen. Sogenannte »Gutmenschen« betätigen sich kriegsgeil per »Melde-Terrorismus« gegen »Nationalisten«. »Veganer« drangsalieren »Fleischfresser« bis aufs Blut (Kalauer beabsichtigt). Selbstgerechte »Spirituelle Führer«, »Truth Seeker« und »Lichtarbeiter« stampfen phrasenmähend über die bunte virtuelle Blumenwiese und ermorden alles, was nach Freude, Liebe und Inspiration duftet. Die Liste der halluzinierten Kriegsgegner lässt sich endlos verlängern: Wähler gegen Nichtwähler, Pegidisten gegen Islamisten, AfDler gegen Deutschlandhasser, Flat Earther gegen Heliozentriker, Lügenmedien gegen Blogger, Light Worker gegen Dunkelmenschen, Narkosemenschen gegen Truth Warriors – lauter hässliche neue Wörter, die als Etiketten für bestimmte Gruppen dienen und einen Ismus definieren sollen, dessen Anhänger als Gegenspieler zu einem anderen Ismus in den Krieg gehetzt werden. Koexistenz der verschiedenen Ismen? Nicht erwünscht. Eines haben die Ismus-Repräsentanten und Follower gemeinsam: den Spaß am Krieg. Mit Wonne lassen sich Menschen in Grüppchen bündeln, gegeneinander aufhetzen und zerfleischen sich ohne jedes persönliche Motiv im Namen der jeweiligen Ideologie, die irgendein menschliches Stück Scheiße erfunden und in copy-paste-fähige Memes mit blutrünstigen »wir gegen die«-Parolen verpackt hat. Substanz? Nicht vorhanden. Macht sich aber gut im Facebook-Profil. Wenn man keine eigenen Gedanken hat, nimmt man halt ein Kriegspropaganda-Meme. Und was machen Leute wie ich?Tja. Ich gehöre keinem Ismus an. Auch keiner Sekte, Religion, Ideologie oder politischen Gruppe. Ich füttere meinen Geist und beobachte sehr viel. Und ich tausche mich gerne mit Menschen aus, die ebenfalls beobachten und ihren Geist füttern. Über Geoengineering oder Geisteswissenschaft, die politisch-ideologische Entwicklung der letzten 5.000 Jahre, die Entstehung der Wirklichkeit oder den Metallurgischen Komplex und viele andere Themen, von denen in den Brüllmedien keine Rede ist. Ich habe keinerlei missionarischen Drang. Geschweige denn, dass ich irgendwen aufklären oder »aufwecken« will, wie das im Truther-Sprech so hübsch heißt. Früher war ein freier, gechillter Austausch über diese Themen via Social Media möglich. Praktisch, weil ja nun nicht immer der gewünschte Gesprächpartner zufällig vor der Haustür rumlurcht. Heute geht das kaum noch. Ich probiere es trotzdem manchmal. Dann poste ich einen Sachverhalt, eine Frage oder nachprüfbare Fakten zu einem Thema und reflektiere diese öffentlich. Minuten später zeigt sich, wie gründlich die Meinungsfaschisten den virtuellen Raum übernommen haben. Je nach Thema stilisiert die eine Fraktion mich zum Anführer, zum »Opinion Leader« und ähnlichem Unfug mit viel Fallhöhe, während die Gegenfraktion spontan Schaum vor dem Mund kriegt und mich mit Hassphrasen überkübelt. Wie es sich für brave Soldaten im Dienste ihrer Führer gehört. Manchmal wird auch »gemeldet«. Volkssport nicht nur in der Ex-DDR, sondern auch beim Digital-Kriegspesonal. So oder so, ein echter Austausch findet nicht mehr statt. Allzu fest zementiert sind die vorgefertigten Meinungen und Wahnvorstellungen der Kriegsteilnehmer. Auf die Idee, sich mal in eine Bibliothek zu setzen und in ein Thema fundiert einzulesen, kommt keiner mehr. Praktisch, nicht? Es gab mal eine Zeit, in der musste man Bücher verbrennen, um die Menschen dumm zu halten. Heute machen die User das selbst, weil sie dumm bleiben wollen. Auffällig:Die vermeintlich alles durchschauenden, geistig überlegenen und die Menschheit retten wollenden »Truther« und die »Schlafschafe« verhalten sich absolut identisch! Bis ins Detail. Ego-gesteuert, eitel, und sie brauchen Follower respektive ein Kollektiv, um sich ihrer Position gewiss zu sein. Und natürlich sind sie grundsätzlich überzeugt davon, die einzig wahre Wahrheit gepachtet zu haben. Die sogenannten »Aufgewachten« und die »Schlafschafe« markieren keineswegs entgegengesetzte Pole am jeweiligen Ende einer bestimmten Skala, sondern befinden sich auf exakt derselben Position, derselben Bühne! Kasperle, Krokodil, und denkt vielleicht auch mal jemand an das Gretl und die Oma? Tragisch ist, dass keiner der Kriegsteilnehmer merkt, wessen Hand er im Anus stecken hat, und in wessen Interesse er tatsächlich agiert. Der Solitär im KieshaufenDass hier in Deutschland, in Europa und dem Rest der Welt momentan so einiges nicht stimmt, ist jedem klar, der die letzten Jahrzehnte nicht unter einem Stein verbracht hat. Und wer dieses diffuse Gefühl zulässt und hinterfragt, kommt ziemlich schnell an den Punkt, an dem er es genauer wissen möchte. So mancher verliert beim Versuch, die Dinge verstehen zu wollen, den Glauben an die Menschheit, wird depressiv, fängt an zu saufen oder bringt sich um. Verständlich, aber unlustig. Andere bleiben zumindest rein biologisch am Leben, blenden aber alles aus, was ihre Matrix-Idylle gefährdet und degenerieren geistig so sehr, dass ihre Wahrnehmung und Sprache nur noch aus TV-Inhalten besteht. Wieder andere werfen sich dem erstbesten politischen, religiösen oder militärischen Führer ins Portfolio und kämpfen Stellvertreterkriege. Wieder andere stilisieren oben erwähnte »Truther« zum Heilsbringer oder Guru, sich selbst zu Sektenjüngern und praktizieren die Fremdsteuerung als ideologischen Kult. Ja, die »Truther« sind richtige Cleverle. Sie machen aus der vermeintlichen Wahrheitssuche ein Business. Moralisch sehe ich da keinen Unterschied zum Waffenhersteller oder Legebatteriebetreiber. Bedarf erkannt, Bedarf erfüllt, kaufmännisch alles richtig gemacht. Menschlich halt eine Sauerei, aber wo eine Nachfrage, da ein Angebot. Warum ich mich trotzdem immer noch im virtuellen Raum aufhalte? Okay, abgesehen davon, dass ich DNA-technisch ein unverbesserlicher Optimist mit viel Menschen- und Lebensliebe bin, gibt es noch einen zweiten Grund: weil selten, ganz selten, also wirklich richtig richtig selten ein seelenverwandtes Individuum meinen Weg kreuzt. Frei von Ismus und Partisanentum, ein selbstbestimmter frei denkender Souverän. Er entscheidet und handelt für sich. Er versteckt sich nicht hinter imaginären Autoritäten, sondern steht für sich selbst ein. Und er beschäftigt sich bereits aus eigenem Antrieb seit vielen Jahren mit den essentiellen Themen, die derzeit unsere gemeinsame Wirklichkeit durchschütteln. Interdisziplinär, autodidaktisch und ideologiefrei. So eine Begegnung auf Augenhöhe ist für mich wie frisches Mandelgebäck, Grillfisch und Strandspaziergang in einem. Wenn das passiert, geht der Kontakt früher oder später immer über ins reale Leben über und verschwindet vom virtuellen Kriegsschauplatz. »Hä? Das musst du mir mal erklären.«Muss ich nicht. Geh kacken und nerv mich nicht. Stimmt, das ist nicht nett. Es ist meine angemessene und zielführende Standard-Absage an User, die mich mit unverschämten Erklärungsforderungen behelligen, weil sie mich mit ihrem Guru, einem »Truther« oder dem Fernseher verwechseln. Ich habe keine Geduld mehr mit Leuten, die ihren Geist nicht selber füttern wollen, sondern drauf bestehen, auf dem digitalen Silbertablett serviert zu bekommen, was man denn so zu denken und zu meinen habe. Früher habe ich es manchmal versucht. Das mit dem Erklären. Habe Listen mit Keywords erstellt und den scheinbar interessierten Fragestellern viel Input geschenkt, mit dem sie etliche Wochen beschäftigt gewesen wären. Gab nicht mal ein Danke, geschweige denn, ein Ergebnis. Nur einen pampigen Abgang: »Nöl, mecker, motz. Waaaas, ich soll selber denken? Daten und Fakten recherchieren? Eigene Schlussfolgerungen ziehen? Frechheit, wie kann die arrogante Socke mir sowas Anstrengendes zumuten, wo ich doch im Fernsehen alles lecker vorverdaut bekomme, was ich wissen soll...« Bah. Drum: siehe oben. Und was ist die Wahrheit?Die Wahrheit ist, was sie ist. Weil die Dinge sind, was sie sind. Sie braucht keine selbsternannten Anwälte, Meinungskrieger und Übersetzer. Es ist ihr herzlich egal, was ich von ihr halte. Oder was irgendwer sonst von ihr hält. Meine persönliche Meinung ist daher komplett irrelevant und kann niemals Gesprächs- oder gar Diskussionsgegenstand sein. Meinungen sind nur dort Gesprächsinhalt, wo es nicht um Inhalt geht: im Meinungsfaschismus der Truther, ihrer Gegenspieler und den vielen simultan geführten Meinungskriegen. Newsflash: Es braucht keinen Guru, keine Partei, keinen Führer und keine Pseudo-Autorität, die einem sagt, was man zu denken und zu fühlen hat. Da draußen sind alle, wirklich alle Informationen, Dinge, Menschen und Phänomene, mit denen man seinen Geist füttern, seine Fragen beantworten, seine Neugier stillen, seine Intuition schulen und sein Bewusstsein erweitern kann. Wenn man will. Keine Geheimlehren, keine »Insider-Infos«, so etwas gibt es nicht. Das sind erfundene Begriffe von Wichtigtuern, die sich damit einen Anstrich von »Insider« verleihen und alltägliche Naturgesetze rund um Magie und Energetik so sehr verkrypten, dass sie kaum noch jemand versteht und sich die »Eingeweihten« elitär-überlegen fühlen können. Gähn. Zum Glück ist die Nummer schon fast rum. Die Zeitqualität ist ganz schlecht für Lügen und Geheimnisse. Alles kommt ans Licht, alles ist offen, alles kann recherchiert, angeschaut, ausgewertet, beobachtet, erfahren, durchschaut und verstanden werden. (Sofern man denn tatsächlich seinen Horizont erweitern und nicht nur stumpf Recht haben will.) Außerdem ist die Erde ein Fischbrötchen.Beispiel Flat Earther vs. Heliozentriker. Ein ideologischer Krieg, von außen betrachtet so sinnlos wie Sprachunterricht für Mehlwürmer. Niemand, der unser Erde-Dings nicht mit eigenen Augen von ziemlich weit weg gesehen hat und lebendig zurückkam, kann dazu eine fundierte Aussage treffen, und selbst die wäre immer noch individuell. Also was soll das Gemetzel? Ich habe mal einige der Kriegsteilnehmer gefragt, was sie machen würden, wenn plötzlich jemand reinkäme und ihnen mit absolut hieb- und stichfester Beweisführung darlegen würde, wie die Erde beschaffen sei. Damit wäre die Antwort gefunden und der Krieg beendet, oder? Die Antworten auf beiden Seiten (!) waren identisch: »Nein, denn dann wüssten wir endlich, wer Recht hat und wer nicht!« Aha. Es geht also mitnichten darum, unser Universum und das Leben zu verstehen, sondern nur darum, wer Recht hat? Meine Fresse. Ist es nicht scheißegal, ob die Erde nun rund, flach, hohl oder ein Fischbrötchen ist? Statt ideologische Meinungskriege darüber zu führen, wäre es für den Anfang mal ganz nett, wenn wir uns alle drauf einigen könnten, das Erde-Dings insgesamt achtsamer und respektvoller zu behandeln. Weil es sonst kaputtgeht. Und dann ist es völlig wumpe, ob es als Scheibe, Kugel oder Mittagessen kaputtgeht, und wer Recht hatte. Oder dieses penetrante »wir-hier-unten-gegen-die-da-oben«-Gewichse. Die Rothschilds und Rockefellers sind an allem Übel schuld, jawoll, denn die knechten uns und beuten uns aus. Klar, ein paar »Truther« haben's hingeschrieben, also muss es wahr sein. Dass ebenjene Familien zwar moralisch abgefuckte Hackfressen sind und in der Geschichte viel Übles bewirkt haben, geschenkt. Wissen wir. Aber sie sind keineswegs die mächtigen Finsterlinge im Hintergrund, als die sie vermarktet werden. Sie sind lediglich weisungsgebundene Hausmeister für die bislang von den allwissenden »Truthern« mit keinem Wort thematisierten wahren Strippenzieher. Ja, und an die traut sich keiner der Kriegstreiber ran, denn diese Sphären sind nichts für Wichtigtuer und Meinungsfaschisten. Dort ist es richtig dunkel. Wer sich dort umschaut, muss wissen, dass alles, was er bisher glaubte, sich als Illusion entpuppt und er mit ganz neuen Erkenntnissen konfrontiert wird. Meinungsfaschisten und eitle Fatzkes wissen das nicht. Wollen es auch nicht wissen. Wenn ich diese Tatsache beiläufig erwähne, weil sie erstens wahr ist und zweitens nachgeprüft werden kann, gibt's Haue. Von Truthern wie Followern. Denn damit stelle ich ja das standardisierte, bequeme Feindbild in Frage. Bizarr wird's auch bei den Hassgefechten zwischen Darwinisten und Kreationisten. Da haben sich die passenden Fanatiker gesucht und gefunden! Spielt es wirklich eine Rolle, ob wir aus dem Quastenflosser hervorgegangen sind oder vor ein paar Tausend Jahren hier samt Kulisse aus dem Jenseits hergebeamt wurden? Wir sind hier. Jetzt. Ja, was ist denn nun die Wahrheit?Nochmal: Wir sind hier. JETZT. Nochmal: Wir sind hier. JETZT. Beheimatet in einem Meisterwerk von Körper, in dem wir diesen riesengroßen Abenteuerspielplatz hier erkunden können. Und da gibt's ein paar Millionen Schattenparker und Spaßbremsen, die nichts Besseres zu tun haben, als ihre Existenz mit Krieg darüber zu vergiften, wessen Halluzination denn wohl die coolere sei? Heiliges Mandelhörnchen.
Hier gibt's so viel zu lernen, zu erforschen, zu verstehen und zu erkennen! Zum Beispiel uns selbst. Liebe, Herzensverbindung, Sex, inkarnationsübergreifende Seelenverwandtschaft. Oder wie das mit unserer Manifestationsenergie ist, die dieses Jetzt-Dingens in Realtime jede Sekunde neu zurechtbastelt. Erkenne dich selbst, dann erkennst du Gott. Schon mal drüber nachgedacht, was das bedeutet? Und warum das an den Pforten des Orakels von Delphi steht? Und warum alle Orakelstätten im Jahr 391 n. Chr. durch den christlichen Kaiser verboten wurden? Allein um diese vielen Facetten des Menschseins und des Lebens zu erfahren, ist man viele, viele Jahrzehnte gut beschäftigt. Außerdem gibt's jede Menge uraltes Zeug auszubuddeln und zu analysieren, Neues zu erfinden, zu erschaffen, zu verstehen, so viel Schönes zum Ausprobieren und Spielen! Ganz ohne Ideologie, Truther und Kriegstreiber. Frei, selbstbestimmt und möglichst entspannt. Egal, wer Recht hat – keiner von uns kommt aus der Nummer hier lebend raus. Also macht was draus. Und das ist die Wahrheit. Nicht einfach, aber simpel. Text © Kathrin Elfman 2017 Bild: pixabay 8/2/2017 Kolumne: Derfschein für alles mit scharf, oder: Warum eine Arschgeige keine Gesäßvioline sein will.Read Now Plato ging davon aus, dass 95 Prozent des Universums von einer klaren Ordnung und Vernunft beherrscht werden, die restlichen fünf Prozent aber ziemlich auf Krawall gebürstet sind und die kosmische Ordnung stören. Ich mag den Gedanken.
In der Praxis stelle ich mir das so vor: Diese fünf Prozent kommen nachts um halb vier aus der Kneipe, besuchen die Villa eines Frankfurter Waffenhersteller-Mehrheitsaktionärs, schmusen die vier Wachhunde durch, die sich tierisch über die unverhofften Streicheleinheiten freuen, essen alles auf, was das Personal fürs Wochenende in den Kühlschrank gepackt hat, singen laute Lieder, rauchen Selbstgedrehte, tanzen auf dem gewienerten Parkett, einer spielt »Great Balls of Fire«, »Piano Man« und »Bohemian Rhapsody« auf dem unfassbar teuren Konzertflügel, der hinter einer roten Kordel mit »Spielen verboten«-Schild auf dem Podest steht, wo einmal im Jahr ein chinesischer Starpianist eine Vorstandsparty musikalisch untermalen darf. (Mehr Klischees passen nicht in den Satz, aber ich denke, die Metapher ist klar.) Diese fünf Prozent sind schwere Jungs und haben fast überall Hausverbot. Sie repräsentieren das, was kultivierte moderne Menschen gerne verdrängen: eine derbe, rohe Seite des Lebens. Plump, albern, aggressiv, egoistisch, ungezügelt, viel Leidenschaft und Triebhaftigkeit. Da stehen wir nun mit unseren geputzten Zähnen und Ordnungsansprüchen und wissen nicht, wie wir diese fünf Prozent loswerden sollen. Kaum sind sie zur Tür raus, klettern sie zum Küchenfenster wieder rein. Schon den Versuch fassen sie als sportliche Motivation auf, es noch mehr krachen zu lassen! Idee: Wäre es nicht gesünder, wenn wir uns mit ihnen anfreunden würden, statt sie ständig rauszuschmeißen und den Flügel neu stimmen zu lassen? Gründe gäb’s ja genug. Diese fünf Prozent sind nicht nur lästig, sie besitzen auch nützliche und wertvolle Eigenschaften. Zähigkeit, Willenskraft, Durchsetzungsstärke zum Beispiel. Undiplomatische Lebensfreude. Hemmungslosigkeit. Spontane Genussfähigkeit. Und viel, viel Liebe. Deshalb kann man ihnen auch nicht böse sein. Sie haben diese unbändige kindlich-bedingungslose Lebensliebe, Liebe zu schönen Dingen, Ideen und allem, was Spaß macht. Sie machen, dass wir uns lebendig fühlen, unvernünftige Dinge tun, Risiken eingehen, Neues ausprobieren und Spaß haben. Oder unplugged: Diese fünf Prozent sind ein Derfschein für alles mit scharf. Der ultimative Backstagepass. Warum so neutral, wenn’s auch persönlich geht? Das Wilde, Unkalkulierbare der fünf Prozent jagt Menschen nur dann Angst ein, wenn die Dinge maximal konstruiert, berechenbar und geordnet sein sollen. In meiner Arbeit gibt es drei typische Situationen, in denen gerne mal versucht wird, die fünf Prozent auszusperren. Hier sind sie: »Das hier ist die Website unseres größten Mitbewerbers, können Sie das für uns so ähnlich formulieren?« Klar kann ich. Kommt aber nur mäßig cool. Warum wollen Sie unbedingt so klingen, dass man Sie mit Ihrem Konkurrenten (nicht Mitbewerber) verwechselt? Weil die Produkte vergleichbar sind? Umso wichtiger ist es, die eigene Identität als spürbares Alleinstellungsmerkmal auszuformulieren. »Laut Marktforschung sind das unsere Kaufanreize und Typologien!« Da haben sich Produktmanager und Berater eine 200-Seiten dicke Marktforschung durchgelesen, analog dazu eine Strategie überlegt, die alle Markttreiber und Marker berücksichtigt – und dann zündet die nicht. Menno. Was fällt den Usern ein, sich anders zu verhalten, als die Mafo es vorhergesagt hat? Mafos sind gut, um eine Witterung für den Zielmarkt zu bekommen und seine Parameter kennenzulernen. Wer sich aber selbstkasteiend seine eigene Identität wegschrubbt, um da scheinbar reinzupassen, segelt haarscharf am Rezipientenbewusstsein vorbei. »Das dürfen wir so nicht sagen …« Ganz oft strapaziert, der Satz. Manchmal hat er seine Berechtigung, zum Beispiel, wenn es um Juristisches geht. UWG, irreführende Werbung, Produktdaten und sowas. Weitaus häufiger handelt es sich bei dem Einwand allerdings um vorauseilende Selbstzensur aufgrund einer fiktiven Political Correctness Denk- und Sprechpolizei. Aus Angst davor, menschlich zu wirken, authentisch und fassbar zu sein und dem User dort zu begegnen, wo er ist, nämlich nicht in einer Tortengrafik, sondern im echten Leben. In diesem Fall bitte nochmal neu überlegen. Zu clean, um wahr zu sein Ich wurde vor einer Weile mit so einem Werk konfrontiert, es ging um einen Anbieter von Klimatechnik für Privathäuser und Gewerbe. Sensibles Thema mit viel Fachchinesisch, aber auch hochemotional. Letzteres wurde leider erfolgreich eliminiert. Es entstand eine aufgeräumte, sachliche Rüberkomme, die politisch korrekt, juristisch sauber, jugendfrei und voller Google-relevanter Keywords ist. Und so unpersönlich, dass man auf der Startseite direkt vergisst, worum es eigentlich geht. Wie kann ein Text unterhalten, informieren oder gar verkaufen, der durch die Rechtsabteilung zigmal umoperiert wurde, von Produktmanagern zerpflückt und neu zusammengelötet, nochmal juristisch desinfiziert, auf Political Correctness zensiert, von Layoutern hin- und wieder zurückgeschoben und in letzter Minute vom Content Manager editiert? Am Ende sind Juristen und SEM-Manager glücklich – aber auf den User (aus dem im Idealfall ein Kunde werden soll) wirkt das Ganze so sexy wie weiße Fliesen, die nach Putzmittel duften. Was nur dann cool ist, wenn man zufällig Putzmittel verkauft. Oder Fliesen. Das, was ursprünglich an Message, Saft und Kraft drinsteckte, die fünf Prozent, die dem Auftritt Leben einhauchen, sich nach echten Menschen anfühlen, nach Liebe, Dreck und Rock’n’Roll – sie sind weg. Wenn auch nur scheinbar. Denn dieser ängstliche Desinfektionswahn, egal wie gut er in den Workflow integriert wird, erzeugt auf Dauer nur eins: resistente, äußerst hartnäckige fünf Prozent. In your face! Bei manchen Websites wirkt sich das unfreiwillig komisch aus. Plötzlich wimmelt es in dem hochseriösen Text über Klimatechnik von Tipp- und Semantikfehlern, die der Texter so nie abgeliefert hat. Die Seite ist voller Logikbrüche, es fehlen Kohärenz und Führung. Aufeinanderfolgende Sätze ergeben keinen Sinn mehr. Komische digitale Flöhe wimmeln rum, beißen und stänkern, es scheint wie verhext. Ist aber keine schwarze Magie, sondern liegt daran, dass ein durchdesinfizierter Organismus nicht lebensfähig ist. Auch kein digitaler. Natur halt. (Mir fällt da der Spruch aus den 70ern ein: »Täglich ein bisschen Dreck hält Kinder gesund.« Wenn ich mir die aseptischen Millennials anschaue, die nie im Leben ungewaschenes Obst vom Baum gegessen, in trüben Gewässern gebadet, im Freien übernachtet oder aus einem Bach getrunken haben, aber unter tausend Wehwehchen leiden, bin ich geneigt, dem zuzustimmen.) »Mooohoment«, tönt’s aus dem Off, »Dreck, Party, Rock’n’Roll? Wie soll das gehen, wir verkaufen orthopädische Schuhe mit Fußbetteinlagen.« Danke für die wunderbare Überleitung! Was Selbstfindung mit Fußbetteinlagen zu tun hat Ein Anbieter von hochwertigen Wanderstiefeln möchte qualitätsbewusste Kunden Ü30 erreichen, die laut Mafo auf Outdoor-Aktivitäten stehen. Also wirbt er damit, dass ein Paar seiner Stiefel vier Jahre am Stück getragen wurde und immer noch ganz sei. Illustriert wird diese Behauptung mit einem Vorher-Nachher-Bild sowie einer Grafik, die den schichtweisen Aufbau des Schuhwerks zeigt, das Material beschreibt, die speziell gearbeiteten Nähte, Lederstücke und Sohlen. Hightech mit lateinischen Namen, Zahlen und Fachbegriffen. (Hören Sie das? Die Fünfprozent-Gang versucht, die Tür einzutreten.) WER hat diese Stiefel so lange getragen? Und WARUM? Hat er eine Wette verloren? Konnte er sich kein zweites Paar leisten? Ist es überhaupt ein Mann? Oder eine Frau? Ach, es geht um einen ehemaligen Fondsmanager, der aus dem Business ausgestiegen ist, um seinen Burnout samt Kokainsucht zu kurieren und als Rucksacktourist zu Fuß die Welt zu erkunden? Klasse Geschichte! Wenn wir jetzt noch Bilder sehen und Details erfahren, wird’s rund. Was brachte ihn dazu? Ist er Single? Verheiratet? Kinder? Wenn ja, wie ließ sich das vereinbaren? Wie hat er seine Tour geplant? Lange vorbereitet oder spontan losmarschiert? Wo hat er übernachtet? Wen hat er unterwegs kennengelernt? Wie kam er mit dem Wetter zurecht? Wurde er mal krank? Welche Orte haben ihm besonders gut gefallen? Welche nicht? Hat ihn diese Wanderung verändert? Was hat er jetzt vor? Ja, so fühlen sie sich an, die fünf Prozent. Abenteuer, Neugier, Schweiß, Blut, Ungewissheit, Aufbruchsstimmung, überraschende Eindrücke, eine Portion »ich mach das jetzt einfach.« Natürlich hat das offiziell nichts mit den Stiefeln zu tun. Oder der patentierten Hightech-Einlegesohle. Aber es macht sie unheimlich sympathisch, erlebbar, persönlich. Immerhin waren sie die einzige Konstante bei der Tour. Treue Begleiter, die alles miterlebt haben, total abgerockt sind und bestimmt kräftig müffeln. Da kann man was draus machen! »Ach, das meinen Sie mit fünf Prozent? Wir machen einen auf rotzig?« Nein. Aseptisch motivierter Denkfehler. Die fünf Prozent sind kein Faschingskostüm! Wer versucht, sie zu faken, indem er sich verkleidet und extraflapsig oder berufsjugendlich präsentiert, geht baden. Leider ist dieses »auf rotzig machen« ein unschöner Trend im digitalen Sprachraum. Besonders wenn hochkonservative Unternehmen wie Banken oder Versicherungen sich plötzlich jo, ey! hemdsärmelig geben, ohne es zu sein. (Falls auch Sie beim Begriff »authentisch« ebenfalls reflexartig an rotziges Benehmen und schlechtes Deutsch denken, bitte entkoppeln und neu überlegen! Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun.) Die fünf Prozent lassen sich nicht durch Flapsigkeit simulieren, es gibt sie nur echt. Oder gar nicht, und dafür irgendwann als Überfallkommando, wenn man sie lange genug weggesperrt hat. Das macht sie ja so wertvoll – und so explosiv: Sie sind absolut ehrlich, mit null schauspielerischem Talent. Authentisch, wahrhaftig in ihrer Impulsivität. Also bitte nicht dem amerikanischen Credo »Fake it, don’t have it!« folgen. Ein stilvoller Schöngeist bleibt immer ein stilvoller Schöngeist, auch wenn er beim Langstreckenflug über dem Äquator in die Tüte reihert. Und ein Rauhbein will ein Rauhbein sein, auch wenn er sich zwischendurch durchaus formvollendet elegant gibt und es sogar genießt. Die fünf Prozent wollen sich zeigen dürfen und zur Kenntnis genommen werden. Sie gehören zum Leben und sind so kraftvoll, dass man sie auf Dauer weder unterdrücken noch faken kann. Zum Glück. »Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar!« (Astrid Lindgren) PS: Natürlich habe ich meine eigenen Erfahrungen mit den fünf Prozent. Nachdem sie auch meine aufgeräumte Villa aufgemischt hatten, habe ich angefangen, diese Features stückchenweise in mein Leben zu integrieren. Und festgestellt, dass es sich damit besser leben lässt. Heute sehe ich das Heilige im Profanen, den unsichtbaren göttlichen Sinn im Sichtbaren und freue mich daran. Ich nutze die Kraft der fünf Prozent dazu, das Sein zu bereichern, zu verbessern, ohne mich schon vorher in ein bestimmtes Ergebnis zu verbeißen. Die krawallige Bande ist dabei eine super Reisebegleitung. Queen und Billy Joel singen sie immer noch. Aber das geht klar. Neulich hat einer von ihnen heimlich Debussy geübt. Am Ende werden die Jungs noch Romantiker? Text: 2017 © Kathrin Elfman. Foto: FreeImages.com George Crux #1440074 Du hast Verpflichtungen. Klar. Du hast aber auch nur ein Leben – und das ist jetzt. Also mach das, was du wirklich willst. Der neue Kia Rio ist dabei. Steig ein und lass dich inspirieren ... Kunde: Kia Motors Europe
Projekt: Website Kia Rio I Webspecial Agentur: BippesBrandão Text: Kathrin Elfman Website: www.kia.com/de/specials/rio-launch Ein „Meisterstück” ist etwas, an dem es nichts mehr zu verbessern gibt. Unser Meisterstück ist der Kia Sorento MASTERPIECE. In ihm kommen die Eleganz und Raffinesse des Serienmodells zur Vollendung. Sie spüren es, wenn Sie einsteigen, den Motor starten, die Hände ans Steuer legen – und alle Details ein harmonisches Ganzes bilden …
Kunde: Kia Motors Europe Projekt: Website Kia Sorento Masterpiece I Limited Edition Agentur: BippesBrandão Text: Kathrin Elfman Website: www.kia.com/de/specials/sorento-masterpiece/ Kunde: Bornemann Gewindetechnik
Projekt: Relaunch Online-Auftritt Text: Kathrin Elfman Website: bornemann-gewindetechnik.de Kunde: Kia Motors Europe
Projekt: Premarketing Website Kia Niro Agentur: BippesBrandão Text: Kathrin Elfman Website: www.kia.com/de/specials/niro/ 12/2/2016 Essay: »Wenn du Scheiße laberst, dann laber deine EIGENE Scheiße. Keine Copy-Paste-Scheiße von irgendwelchen Idioten!«Read Now »Wenn du Scheiße laberst, dann laber deine eigene Scheiße. Keine Copy-Paste-Scheiße von irgendwelchen Idioten!« Essay von Kathrin Elfman © 2016 Ja, verehrter Leser, der Titel ist derb – und genial. Das Dialogfragment stammt von zwei jungen Männern, deren Unterhaltung ich neulich in der S-Bahn mithören durfte. Gefällt mir. Denn es enthält Klarheit und Wahrheit, die ich in unserer politisch korrekt zurechtgedengelten Gesprächskultur oft vermisse. »Meine eigene Scheiße? Alter, was meinst du?« »Was ich mein? Ich will wissen, was DU meinst.« »Hab ich doch grade gesagt.« »Nee, hast du nicht.« »Hä?« »Du hast nur gesagt, was die Tussi im Fernsehen gesagt hat. Nicht das, was du meinst. Das Gleiche kannst du gar nicht meinen. Die war total verstrahlt und hat nur Bullshit geredet. Also, was meinst du?« »Kapier ich nicht.« »Genau das mein ich.« Gar nicht so dumm. Und gar nicht so neu. 1927 schrieb Hermann Hesse: »Zehn Minuten las ich in einer Zeitung, ließ durch das Auge den Geist eines verantwortungslosen Menschen in mich hinein, der die Worte anderer im Munde breitkaut und sie eingespeichelt, aber unverdaut wieder von sich gibt.« (Der Steppenwolf) Laber deine eigene Scheiße. Ich finde das so herrlich punktgenau. Auch wenn ich davon ausgehe, dass die beiden nicht direkt das Thema Sprachforschung auf dem Schirm hatten – ich möchte diesen Rat gerne an Sie weitergeben. Er ist wichtig, denn er betrifft Sie ganz persönlich. Denn vor das »eigene Scheiße Labern« haben die humorvollen Götter des Kommunikationswesens das »eigene Scheiße denken Können« gesetzt. Abrakadabra: Ich erschaffe, was ich spreche. Oder auch nicht. Die deutsche Sprache enthält eine verschwenderische Fülle an Ausdrucksmöglichkeiten, Varianten, Synonymen, Bildern und Metaphern. Weshalb wir (theoretisch) imstande sind, jedes Gefühl, jeden Sachverhalt und jede Befindlichkeit artikulieren zu können. Was automatisch zu einer ebenso fein differenzierten Wirklichkeitswahrnehmung führt und letztendlich zur Fähigkeit, diese Feedbackschleife in kreative Werke der Wissenschaft, Kunst oder Musik münden zu lassen. Genau auf diesen äußerst potenten Reichtum unserer Sprache haben es einige finstere Zeitgenossen abgesehen. Wenn Sie älter sind als 45, dann ist Ihnen gewiss nicht entgangen, dass die Sprache der Massenmedien sich auf einem Niveau befindet, das man nur noch als ärmlich bezeichnen kann. Selbst eine Tagesschau-Moderation aus den 80er Jahren wirkt sprachlich so anspruchsvoll, dass sie von vielen Zuschauern heute nicht mehr verstanden würde. Ganz zu schweigen von deutscher Belletristik, die durch das sogenannte »Unterhaltungs«-Segment in Verlagen und Medien ersetzt wurde. Unterhaltung, welch ein Hohn. Salatgurken unterhalten sich geistreicher! In den letzen 12 Monaten hat dieser Trend Fahrt aufgenommen. Stärkstes Killerwerkzeug ist paradoxerweise nicht die inhaltliche Absurdität des Spiegel-Welt-Zeit-FAZ-BILD-TV-Geseieres, sondern die Sprache, in der die Quasi-Inhalte vermittelt werden. Das, was uns heute auf den Meinungsmacherkanälen entgegenschwappt, ist nicht mehr unsere reiche, schöne Muttersprache. Es ist eine von geisteskranken Kriegstreibern ausgedachte, künstliche, infantil-rabulistische, bevormundende Pseudosprache. Und hier liegt die eigentliche Schweinerei. Diese Pseudosprache, dieses verkrüppelte widerwärtige giftige Ding, es ist weit mehr als nur schlechter Stil oder unschöne Semantik. Es ist ein Anschlag auf Ihre, meine und unser aller geistige und emotionale Gesundheit. Genau dafür möchte ich Sie sensibilisieren. Denn hier gilt wie so oft bei Bewusstwerdungsprozessen: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Schließlich kann jeder selbst entscheiden, wessen »Scheiße er labert« (um im Slang der beiden Inspiratoren zu bleiben), sprich, welcher Sprache er sich im Alltag bedient. Dass immerhin einer der beiden die aktuelle Mediensprache als »total verstrahlt« und »Bullshit« abwatschte, erfreut mein Herz. Es bedeutet, dass der vielzitierte Mensch auf der Straße respektive in der S-Bahn doch nicht so degeneriert ist, wie Medien, Meinungsmacher und Kriegstreiber ihn gerne hätten. »Gewöhnlich stehen nicht die Worte in der Gewalt der Menschen, sondern die Menschen in der Gewalt der Worte.« (Hugo von Hoffmannsthal) Sprache rockt das Leben. Ein Gedanke, der Form annimmt. Eine SMS, Mail, PN oder Whatsapp, die unvermutet eintrudelt und eine Verbindung höher schwingen lässt, obwohl sie eben noch im Standby-Modus war. Digitales Gammafeuer, das Gefühle auszulösen imstande ist. Halbe Sätze, die man nicht zu vervollständigen braucht, weil der Empfänger weiß, wie sie gemeint sind. Andeutungen, Liebeserklärungen, private Witze. Inhalte, die jenseits objektiver Informtionen liegen. Eben »eigene Scheiße«. Sowas fördert Verstandenfühl, Vertrauen, Intimität, Resonanz, definieren Ton und Klima in einer sozialen Zelle, in der alle Beteiligten sich verstehen (sic!) und dieselbe Sprache sprechen (doppelsic). Wer Gesprächspartner hat, von denen er sich verstanden, gesehen, akzeptiert fühlt, ist von außen wenig bis gar nicht manipulierbar. Diese gefühlte Verbundenheit ist ein wertvoller Instinkt, der zu Stabilität, Stärke und Unangreifbarkeit einer Gemeinschaft führt. Der wunderbare Wolf Schneider schreibt in »Wörter machen Leute« auf Seite 33: »Am Anfang der Wortgeschichte stand das egozentrische Element: Jedes Wort war einmal der Einfall eines Einzelnen oder einer kleinen Runde.« Leider wird genau dies im gesellschaftlichen Dialog gerne als unerwünschte Abgrenzung, als Teile-und-Herrsche-Symptom umgedeutet. Propaganda-Organe geben sich allergrößte Mühe, mit »wir sind alle gleich, lalalaaaa…«-Gesäusel jede Definition von Individualität und echter zwischenmenschlicher Verbundenheit verschwinden zu lassen. »Ihr seid beste Freunde und teilt Geheimnisse? Ihr bereichert eure Sprache mit Insider-Witzen, Spitznamen, kuriosen Wörtern und liebevollen Codes, die außer euch keiner versteht? Dudududu, das ist verboten, Ausgrenzung und pöhse. Benutzt gefälligst die neue Standardsprache und lasst das vertrauliche Geflüster!«, plärrt der Große Bruder aus dem Wahrheitsministerium. Klingt vertraut, oder? Ein ganz besonders abgefucktes Exemplar von Manipulator äußerte sich bereits in ähnlicher Weise: »Das ist das Geheimnis der Propaganda: den, den die Propaganda fassen will, ganz mit den Ideen der Propaganda zu durchtränken, ohne dass er überhaupt merkt, dass er durchtränkt wird.« (Joseph Goebbels am 25. März 1933 an die Rundfunkintendanz) Lassen Sie diesen Satz bitte auf sich wirken, damit Ihnen bewusst wird, wie aktuell er ist. Diese böse Saat wird aufgehen, wenn nicht alle so gut aufpassen wie die Jungs in der S8. Menschen, die das Umerziehungs-Geistesgift in sich aufnehmen, reden nicht mehr »ihre eigene Scheiße«. Weil sie dafür keine Worte mehr haben. Sie rezitieren anderer Leute Scheiße, zensieren sich selbst, übernehmen die neue, künstliche blutleere, soziotoxische Art zu reden bis ins Privateste hinein, ordnen ihre Wahrnehmung dieser kranken, ärmlichen Kunstsprache unter. Prima geeignet für Double Bind und Hasspropaganda. Und die für Zerstörung zwischenmenschlicher Verständigung. Neusprech und Double Bind – echt jetzt!? Nach der Feminismuskeule, der Nazikeule und der/die/das Gender*Innen_keul*InX wird die vierte Killerwaffe gegen unsere Sprache in Stellung gebracht: die Bildungskeule. Kampfplatz ist nicht der Inhalt, sondern die intellektuelle Meta-Ebene. Egal, um was es geht: Wer in ganzen Sätzen spricht, gutes Deutsch verwendet und aus Präzisionsgründen auch vor der Verwendung des Genitivs sowie Metaphern und Synonymen nicht zurückschreckt, wird als Klugscheißer verhöhnt. Allerdings nicht von den Rezipienten, sondern in den Medien. Klug ist bäh, dumm ist schick. Klappt nur nicht so ganz. Dass die angepeilte Zielgruppe das anders sieht, lässt sich an den meterlangen Kommentarstrecken unter den Auswürfen der Massenmedien ablesen, in denen die Leser den Verfassern das billige, manipulative Geschreibsel um die Ohren hauen. Stichwort »barrierefreie Sprache«. Unter diesem Begriff versuchen derzeit einige Zeitgenossen, ein wahrhaft groteskes Programm zu installieren, gut camoufliert unter dem Deckmäntelchen der zeitgemäßen Sprachentwicklung fordert es beispielsweise das Ausmerzen von Bildsprache und Metaphern, Relativsätzen, Synonymen, Ironie, Sarkasmus, Wortwitz, Allegorien und vielen weiteren Grundstoffen, die unserer Sprache ihre Dialogstärke, Saftigkeit und Dynamik verleihen. Ferner soll für jeden Satz eine neue Zeile begonnen und auf sinnstiftende Zeichensetzung verzichtet werden. So weit, so brech. Und wer verwendet nun diese verstümmelte Deppensprache? Die gute Nachricht: Kein Mensch. Nur auf einigen institutionellen Websites findet sich dieser unmenschliche Stil, ebenso in Schriftstücken und auf Medienplattformen einiger politischer Organisationen. Aber sonst? Fehlanzeige. Echte Menschen im echten Leben sprechen und schreiben nun mal, wie sie wollen, und nicht, wie sie sollen. Labern ihre eigene Scheiße. Uff, nochmal gutgegangen. Oder? Um den kürzlich verstorbenen Roger Willemsen zu zitieren: »Es ist eine andere Welt, in der man zwischen Freiheit und Freizeit nicht unterscheidet, Gesellschaft sagt und Zielgruppe meint, von einem Konzept spricht, aber nicht einmal eine Idee hat, und von Ideen spricht und nicht einmal einen Einfall hat.« (Roger Willemsen) Die Vision der irren Fanatiker glimmt bereits als Hologramm am Horizont: Unsere bunte, geistig wie kulturell hochstehende, vielfältige Gesellschaft zerfällt in ein Heer zerstrittener, missverstandener, stummer einsamer ängstlicher Menschen, die (ver)führbar und manipulierbar sind. Genau diese Menschen braucht man, wenn man eine Ideologie, einen Krieg oder politischen Extremismus verkaufen will. So zumindest der feuchte Traum einiger geisteskranker Kriegstreiber. Ob es ein feuchter Traum bleibt? Das liegt nicht zuletzt an Ihnen, lieber Leser. Verstümmelte Sprache erzeugt verstümmelte Menschen. Aber nur, wenn sie es mit sich machen lassen. Die deutsche Sprache ist eine der tiefgründigsten, wenn nicht sogar die tiefgründigste der Welt. Alle Gedanken, Ziele, Visionen und Träume unserer Ahnen und einige der bedeutendsten wissenschaftlichen, literarischen und philosophischen Werke aller Zeiten sind daraus entstanden. Ihr Reichtum, ihre Kraft und Tiefe sind im kollektiven Sprachschatz verankert; abrufbar für jeden, der darauf zugreifen möchte. Kostet nichts, zahlt sich aber aus. Wer sich die Fülle unserer Sprache erschließt und zu eigen macht, kann sich nicht nur klarer und zielführender artikulieren, er hat auch eine klarere, deutlichere Wahrnehmung als – Moohoomentchen, wie war das: Sprache verändert Wahrnehmung? Nach dem Motto »Woher soll ich wissen, was passiert, wenn ich es nicht reflektieren und benennen kann?« Genau. Es ist wichtig, diesen Zusammenhang in seiner gewaltigen Dimension zu begreifen: Wirklichkeitswahrnehmung kann immer nur so differenziert sein wie die zur Verfügung stehenden »Decodierer« es zulassen. Wer seine Sprache immer mehr reduziert, beschneidet, verkümmern lässt, der degeneriert auch gedanklich, emotional und sozial. Denn ihm geht die Fähigkeit verloren, seine eigenen Gedanken und Gefühle im Dialog mit sich selbst und anderen Menschen zu reflektieren, geistig fruchtbare Bindungen einzugehen, Ereignisse zu hinterfragen, Informationen zu verarbeiten und sich mit Sachverhalten zu beschäftigen, die außerhalb des eigenen Horizonts liegen. Alles futsch, Dschungelcamp. Und wo wir bei unschönen Szenarien sind: Wussten Sie, dass ein kreativer, bereichernder Umgang mit unserer Sprache nicht nur unerwünscht ist, sondern neuerdings sogar als psychische Krankheit gilt? Es klingt wie aus einem Dystopien-Scifi: Kindern, die sich neue Wörter ausdenken (Neologismus), wird nicht etwa Phantasie, Kreativität und Intelligenz attestiert, sondern bei einem sog. Psychopathologischen Befund gem. AMDP eine formale Denkstörung. Neologismus gilt tatsächlich als Indiz bei der Diagnose einer Schizophrenie. Übrigens auch bei Erwachsenen. Wenn das mal kein Angstmacher ist … Und schon sehen wir den feuchten Traum Nr. 2 der Kriegstreiber: Statt kreativer wissbegieriger Kinder werden geistig unterforderte Industriesklaven-Zombies gezüchtet, die zwar nicht mehr wissen, wie man eigene Gedanken formuliert, aber schon mit 9 Jahren Hedgefonds managen, Befehle befolgen und Drohnen steuern können. Schöne neue Welt. Denglisch, oder: Thanks, mir is already schlecht. Ein Teil meiner Arbeit besteht darin, englische Texte für Websites, Print und ePapers ins Deutsche zu überführen. Was mir und meinen Kunden großes Vergnügen bereitet. Denn ich übersetze die englischen Texte nicht einfach. Da käme genau jener Murks raus, der manche Newsletter, Artikel und Websites so nervig macht – verquaste Texte, die keiner versteht. Beispiel: Wer »There’s no such thing as moderate free speech« übersetzt mit »Es gibt keine solche Sache wie moderate freie Rede« ist entweder ein Ü-Bot oder ein Mensch, dem bereits erfolgreich jegliches Sprachgefühl aberzogen wurde. »Keine solche Sache«, was soll das sein? Und »freie Rede?« Gibt’s auch unfreie Rede? Hat sie sich im Keller eingesperrt? Free speech bedeutet Redefreiheit bzw. freie Meinungsäußerung. »No such thing« ist eine Emphasis, die das Wörtchen »no« ein bisschen unterstreichen soll, aber im Deutschen unnötig ist. Der Satz lautet auf Deutsch »gemäßigte freie Meinungsäußerung gibt es nicht«, und zwar weil das wie gemäßigt schwanger oder gemäßigt tot ein Paradoxon wäre. Bei mir klingt das anders als bei einem Übersetzer. Ich erfasse zuerst die englischen Texte inhaltlich, steige in die Themen- und Produktwelt ein, identifiziere Absicht und Stimmung, in der sich der Absender artikuliert hat, und texte das Ganze anschließend nochmal für eine deutsche Sprachumgebung. So, dass die Texte nicht nach Übersetzung klingen, sondern wie taufrisch geschriebene deutsche Originale. Inhaltlich und stilistisch rund, lesefreundlich und aufs Deutsche abgestimmt. Schließlich sollen ja deutsche Leser drauf abfahren. Wichtig sind nicht nur die Fakten. Auch der Sprachgenuss zwischen den Fakten entscheidet über die Wirkung. Zum Beispiel der bei US-Textern so beliebten Bandwurmsatz, gerne in Kombination mit Adjektiv-Inkontinenz. Diesen Schlingel zerlege ich zur besseren Lesbarkeit in mehrere klar verständliche Einzelsätze. Auch die meisten amerikanischen Adjektive fliegen raus, da sie idR recht schwache Füllwörter sind, die wir im Deutschen schöner können. Oder die liebevolle Macke der Briten, ihre Texte bei jeder noch so unpassenden Gelegenheit mit Ironie zu würzen. Klasse, goldig, und praktisch unübersetzbar. Also finde ich deutsche Entsprechungen dafür, damit die Goldigkeit auch im deutschen Sprachraum funkelt und verstanden wird. Und falls Sie jetzt anmerken, das seien doch »nur« Details, dann möchte ich gerne mit einem Zitat aus »Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit« antworten: »Ein Hauch unseres Mundes wird das Gemälde der Welt; von einem bewegten Lüftchen hängt alles ab, was Menschen je auf der Erde dachten, wollten, taten und tun werden.« (Herder, 1785) Von Lichtarbeitern, Energieausgleich und innovativen Technologien Ein ulkiger Trend ist zur Zeit in der Eso-Szene zu beobachten. Ausgerechnet hier wird nicht mehr klar gesprochen. So wimmelt es beispielsweise von »Lichtarbeitern«. Diese sind aber nicht etwa als Elektrotechniker oder Bühnenbeleuchter tätig, sondern verleihen sich dieses schmusige Titelchen aufgrund vermeintlicher spiritueller Kompetenz. Außerdem fordern diese Lichtarbeiter im Gegensatz zu Beleuchtungstechnikern für ihre Leistungen und Produkte kein Geld, sondern einen »Energieausgleich«, reagieren aber verschnupft, wenn man das wörtlich nimmt und ihnen ein Ladekabel für die Autobatterie oder einen Griff an den elektrischen Weidezaun anbietet. Wenn’s ganz crazy sein soll, wird sich gleich gänzlich vom Geschriebenen und Gesagten distanziert, indem man es als »gechannelt« bezeichnet. Schon kann man sich mit dem allergrößten Nonsens aufplustern, ohne sich Fragen nach Kohärenz oder Wahrhaftigkeit stellen zu müssen. Ich war das nicht, ich hab das nur gechannelt, mimimi. Gechannelt werden übrigens immer nur Botschaften von unheimlich coolen Typen. Außerirdische Wesen, ägyptische Götter, galaktische Föderationen, Engel oder Elvis. Was eine peruanische Bäckerin oder eine kasachische Holzhändlerin zu sagen hätte, würde mich interessieren, aber die »channelt« irgendwie keiner. Noch ein vergleichsweise kleines, aber omnipräsentes Beispiel aus der Wirtschaft: »innovative Technologien«. Klingt schick, modern und teuer, nicht? Von Zahnbürsten bis Klimaanlagen werden Produkte damit beworben. Aber was bedeutet es konkret? Sie ahnen es: nichts. Die Formulierung ist informationsfrei. Zunächst ist entgegen der landläufigen Interpretation eine Innovation keine Invention (Erfindung), sondern abgeleitet von innovare (erneuern) eine neue Idee, die Gestalt angenommen hat und in Form eines Produkts oder einer Leistung zur nützlichen Anwendung gelangt ist. Technologie bzw. Technik ist ebenfalls Anwendung. Innovative Technologie wäre demnach angewandte Anwendung. My brain hurts. Hier sind wir wieder bei »laber deine eigene Scheiße«. Nur weil branchen- und marktübergreifend solche Floskeln en vogue sind, müssen Sie es nicht ebenfalls tun. Es sei denn, es ist die Wahrheit. Ein Fotograf, der ein Shooting im Tausch gegen eine Reiki-Session durchführt, erhält im engeren Sinne tatsächlich einen Energieausgleich. Und ein Handwerksbetrieb, der Prototypen und Sonderanfertigungen baut, darf sich völlig zu Recht als innovativ bezeichnen. Ein Unterhaltungselektronik-Marke, die millionenfach bewährte Technik in neue Gehäuse pflanzt, ist clever und effizient, aber nicht innovativ. Eine Marke, die nicht weiß, wer sie ist, weil sie ihre eigene Sprache verloren hat, verliert auch mächtig an Anziehungskraft für potenzielle Kunden. Lassen Sie mal spaßeshalber den genialen Claim »Vorsprung durch Technik« gegen »Vorsprung durch innovative Technologien« auf den Synapsen tanzen. Fick dich, Neusprech! Nochmal zu den Jungs in der S8. Schälen wir aus der kernigen Empfehlung die Kernbotschaft raus, dann lautet die: »Sage, was du denkst und meine, was du sagst.« Damit hätten wir’s auch schon. So einfach ist das. Klarheit und Wahrhaftigkeit in der Sprache bilden die Basis und den Anfang jeder positiven Veränderung. Sobald wir etwas denken und formulieren können, ist es auch machbar. Kein Eso-Spruch, sondern ein Naturgesetz. Lassen wir uns diese Basis nicht kaputtmachen, verdammtnochmal! Ja, auch Flüche und kreative Beleidigungen gehören zur deutschen Sprache, du kaum spaltbare, vor dich hin oxydierende kristalline Substanz! Wer zwanghaft jede Arschgeige zur Gesäßvioline versoftet, kastriert sich selbst auf Artikulations- und Wahrnehmungsebene. Kann man machen. Macht aber keinen Spaß. Wir haben diesen weltweit einzigartigen, unermesslich reichen, wertvollen Wortschatz, also benutzen wir ihn! Gerade jetzt, in Zeiten, in denen Kriegstreiber und machtgeile Irre uns von allen Seiten gängeln, knebeln, maßregeln, manipulieren und stumm halten wollen, damit wir ihrem psychopathischen Geschrei nichts entgegensetzen, ist es elementar wichtig, dass wir uns an unsere Sprache erinnern. Sie ermöglicht uns vollkommene geistige Freiheit und Immunität gegen die alltäglichen Medien-Gehirnwäsche. Wenn wir unsere Sprache als machtvolles Werkzeug pflegen und handhaben, können wir uns damit uns aus jeder noch so finsteren Situation rausgraben. Was glauben Sie, warum sie so massiv bekämpft wird? Weil ihr diese ganz spezielle Stärke, Unbeugsamkeit und Wahrheitsliebe innewohnt, vor der jeder Intrigant zittert. Die süffig-opulente, lustvolle Lebensliebe, die jedem Gedanken, jedem Wort, jeder Metapher ihre Dynamik und Durchschlagskraft verleihen, sie ist in unserer Muttersprache enthalten und wartet darauf, benutzt zu werden. Damit wir »unsere eigene Scheiße labern« können. Leben wir! Reden wir miteinander! Sagen wir, was wir denken und meinen wir, was wir sagen! Tun wir’s doch einfach. Machen wir uns lächerlich mit direkten, ungekünstelten, liebevollen, wütenden, romantischen, albernen, politisch unkorrekten E-Mails und Briefen, rempeln wir die Verstummten und Ängstlichen an mit wahrhaftigen Texten, ehrlichen Websites, phantasievollen Büchern, hören wir auf zu schauspielern und feiern die Unsicherheit, das Lampenfieber, den Zorn, die offenen Fragen, das »was wäre wenn«, die schrägen Gedanken. Trinken wir Fassbrause aus dem Heiligen Gral, schneiden wir mit Excalibur ofenfrische Brezeln, holen uns mit vollen Händen das Rheingold aus dem Fluss. Es ist alles da. Schreiben und sagen wir, was wir wirklich, wirklich meinen, träumen, denken, fühlen, mitteilen wollen. Aaaah, süße Freiheit. Mit großem F. »Worten ist eine große Macht zu eigen, wenn sie mit Konzentration und starkem Verlangen, mit der rechten Absicht und gläubiger Zuversicht gesprochen werden. Wenn diese vier Dinge gegeben sind, wird die vernünftige Seele bald dazu gebracht werden, ihrem Wert und Wesen gemäß zu wirken, und zwar nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf die Außenwelt.« (Roger Bacon, englischer Forscher und Philosoph 1214-1292) Alles Liebe! Fotos: freeimages.com/Simon McEldowney/Miare PS: Falls Ihnen die Worte fehlen ... ... zum Beispiel auf Ihrer Website, bei einer Rede oder in Ihrer Korrespondenz: Nur Mut, ich garantiere Ihnen, tief in Ihrem Herzen wissen Sie bereits, was Sie sagen wollen. Was Sie nicht brauchen, ist jemand, der Ihnen einen aalglatten Werbetext schreibt und Ihnen eine rundgelutschte Sprache überstülpt, die zwar fluffig tönt, aber nichts mit Ihnen oder Ihrem Unternehmen zu tun hat. Ich helfe Ihnen, Ihr Anliegen in ehrliche, klare Worte zu fassen, die Ihre Persönlichkeit reflektieren und zu Ihnen passen. Schicken Sie mir ein Lebenszeichen!
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Projekt: Website Kia Optima Agentur: BippesBrandão Text: Kathrin Elfman Website: www.kia.com/de/specials/optima/ Ich wiege ungefähr zwei Tonnen und bestehe aus Basalt, Quarz und Pyroxen. Wie alt ich bin? Ein Paar Millionen Jahre werden es wohl sein. Eiszeiten schieben mich über den Globus, die Erde verschlingt mich und drückt mich wieder ans Licht. Komisches Gefühl. Aber man gewöhnt sich an vieles. Und auch wieder nicht. Diese Sehnsucht, wissen Sie –
Etwas hat sich seit gestern verändert. Ich bin nicht mehr allein. Zwei Dutzend Wesen aus gestapelten Steinen leisten mir am Rheinufer Gesellschaft. Wir zeigen dem Großstadtlärm den Rücken und schauen Schiffen beim Vorbeibrummen zu. Derjenige, der die Steine gestapelt hat, war fleißig. Außer den Männchen erschuf er einen windschiefen Baum, ein dreiköpfiges Fabelwesen und einen aufrecht stehenden Ring. Balance in Vollendung. Warum bringe ich es fertig, an Sekundenkleber und Fertigbeton zu denken? Ist das Menschdenk, Menschfühl? Statt einer Antwort nehme ich Schritte wahr. Eine ältere Dame steigt die Böschung hinab und setzt sich auf einen Eisenpoller direkt am Wasser. Sie sieht mich nicht. Zwischen uns steht eine Korkenzieherweide. Aber ich kann sie sehen, die Frau. Sie trägt ihr schneeweißes Haar zu einem Pagenkopf frisiert, dazu einen Wollrock, Schnürstiefel, Pulli und eine beige Trachtenjacke. Die ganze Erscheinung sagt »Seniorin«, und doch, tänzerinnengleich agil ist sie, sitzt kerzengerade, ihr goldener Ehering funkelt im Sonnenlicht. Sie freut sich. Dann erfahre ich, worüber. Wieder Schritte. Diesmal feste, männliche. Ein Kormoran fluppt aus dem Wasser, reckt den Hals und schaut nach, was am Ufer vor sich geht. Ein Motorradkonvoi röhrt über die Schiersteiner Autobahnbrücke und klingt nach Wochenende, Bier und Sex. Eine Eidechse huscht auf meinen Fuß, huch, seit wann trage ich Stiefel? bleibt sitzen, sonnt sich auf dem violetten Leder, schaut mich an und wuselt davon. Der Mann ist im gleichen Alter wie die Frau. Er küsst sie, schließt sie in die Arme. Auch an seiner Hand glänzt Gold. Die beiden schmiegen sich so eng aneinander, dass kein Grashalm mehr zwischen sie passt. Wie lange sie wohl verheiratet sind? Ich höre Satzfragmente. Dinge, die man zueinander sagt, obwohl alles gesagt ist. Bausteine für Menschfühl, warmweichvertraut. Es klingt schön und nährt die tröstende Gewissheit, dass alles gut wird. »Liebe meines Lebens.« »Nie wieder trennen.« »Immer für dich da.« »Noch zu früh.« »Entscheidung.« »Angst …« Ein Frachtschiff schiebt sich mit wuchtigem Dieseldröhn gegen das letzte Wort und die Strömung. Das Leuchten im Gesicht der Dame wird weniger. Sehe ich Ehrliches, kernblank, verwundbar, oder nur eine weitere Menschenmaske? Der Moment geht zu schnell vorbei. »Heute kam die Rückmeldung aus der Schweiz«, sagt sie. »Der Arzt kann ALS nicht ausschließen.« »Das ist furchtbar.« »Ja.« Sie seufzt. »Wir können es nicht tun. Wir brauchen Zeit.« »Wir?« »Ich brauche Zeit.« »Wir warten schon so lange. Willst du warten, bis er tot ist?« »Sprich nicht so von ihm!« »Dann sprich du mit ihm.« »Hast du mit ihr gesprochen?« »Natürlich. Schon oft.« »Hat sich etwas verändert?« »Nein. Sie hört es, begreift es, bricht zusammen und vergisst es wieder. Jedes Mal neu. Jedes Mal Schmerz, alles zu Ende. Für immer, für fünf Minuten, wer weiß das schon.« »Das ist furchtbar«, wiederholt sie seine Worte. »Vielleicht sollte ich einfach gehen.« »Und sie sich selbst überlassen? Das kannst du ihr nicht antun.« »Du meinst, das willst du ihm nicht antun.« »Ich liebe dich.« »Ich liebe dich auch.« Ah, köstliches Menschfühl. Ich spüre – nein, ich spüre nicht, ich stürze hinein. Ich liebe dich. Warum? Streichelsüßer Amselgesang. Melodischer Ginsterduft, Lachen von Ferne. Der Sand unter meinen lila Stiefeln glitzert. Rheingold. Schwanenflügel, deren stolze Weiße raschelt wie sich blähendes Segeltuch. Wohlschmeckendes Veilchenblau, zügelloses Butterblumengelb zwischen den Steinen, so lustvoll. Dass es so sein würde! Die Skulptur ganz links trägt einen Hut. In einem der Steine glänzt ein metallischer Schneckenhausabdruck. Ein Pyrit-Petrefakt. Seltsam, dass noch niemand den Brocken mitgenommen hat. Vielleicht, weil seine Entfernung das Steinmännchen einstürzen ließe? Und keiner gierig genug ist, einen Mord zu begehen für einen Briefbeschwerer? »Das ist wieder so ein Moment«, sagte sie. Der Mann schaut aufs Wasser. »Ja.« »Warum können wir nicht nur diese Momente leben? Warum muss es ein Dazwischen geben?« »Sie tut es«, sagt er mit belegter Stimme. »Sie lebt in Momenten. Für sie gibt es kein Vorher, kein Nachher, nur das Jetzt.« »Sie liebt dich.« »Liebt er dich?« »Ich lasse ihn nicht im Stich.« »Das ist keine Antwort.« »Was willst du hören? Es zerreißt mir das Herz, wenn ich seinen Blick sehe und weiß, dass er es weiß! Es gibt nichts, was ich tun kann. Nur da sein. Übersteht Liebe das Gefühl, abhängig zu sein? Übersteht Liebe Mitleid? Schuld, Zorn? Hilflosigkeit?« »Wir haben uns.« »Bete, dass es möglich sein wird.« »Du weißt, ich glaube nicht an Gott.« »An irgendwas muss man glauben.« »Ich glaube an uns.« »Ja.« »Du nicht?« Menschfühl Dissonanz. Eheringe, die nicht zusammenpassen. Am Frauenfinger schimmert ein Tricolor-Modell aus drei Goldsorten, während ein schlichter Gelbgoldreif die Männerhand schmückt. Die Ringe stammen aus verschiedenen Welten. Diese Liebenden sind kein Ehepaar. Ich beginne zu frieren. Das ist also die Antwort auf die Frage nach dem Warum? Weil es befristet ist; flüchtig, sterblich, vergänglich? Darum? »Dräng mich nicht«, verlangt sie. »Drängen? Zwei Jahre, ich halte das nicht länger aus!« »Glaubst du, mir fällt das leicht?« »Dann lass es uns ändern.« »Wir sollten einander beistehen, statt uns unter Druck zu setzen.« In ihren Worten schwingt ein warnender Unterton mit. »Wie soll ich dir beistehen, wenn du mich nicht lässt?« »Ich lasse dich ja!« »Ich will nicht weggelogen werden.« »Ich lüge dich nicht weg. Jeder weiß, dass wir uns lieben.« »Weiß er es?« »Weiß sie es?« »Sie würde es sofort wieder vergessen.« »Du hast es ihr nicht gesagt.« »Dass ich gehen werde? Doch.« »Aber dass es mich gibt, weiß sie nicht, nein?« Klock. Klackschrrrramm, klicklack. Der Steinkünstler. Oben am Weg parkt sein Fahrrad. Unbemerkt kam er, um sein Werk zu erweitern. Das kleinste Steinmännchen bekommt einen zweiten Kopf, der schiefe Baum wächst noch schiefer, im Schutz seiner Krone wird ein weiteres Fabeltier geboren. Restlicht flirrt auf dem Wasser und lässt es aussehen wie flüssiges Gold. Wesen, deren komplizierte steinerne Seele nie geboren wurde, keinem Zweck folgt und nicht verstanden zu werden braucht, um zu existieren. Seelenverwandte? So wohltuend. Doch das Sterbliche in mir wehrt sich, will mehr. Will kein steinernes Ding mehr sein; will verstehen und verstanden werden. Kein Reiz, kein behutsamer Flirt mehr mit Chiffren. Schiere Seins-Notwendigkeit. »Nächste Woche soll sie auf den neuen Acetylcholinesterase-Hemmer eingestellt werden.« »Das ist gut. Hoffentlich hilft es ihr.« »Du lenkst ab.« »Ich? Du hast damit angefangen!« »Hab ich nicht.« Sie sieht ihn an und sagt ihm wortlos, dass er Unsinn redet. »Bedeutet dir unsere Freundschaft gar nichts?« »Freundschaft …«, wiederholt er gallig. Der Künstler steigt auf sein Fahrrad und verschmilzt mit dem Wohlklang des Sonnenuntergangsoranges. Ich möchte das auch tun. Mir wird immer kälter. Plötzlich fehlt ein Stein. Das Ohr des jungen Fabeltiers ist weg. Ungläubiger Blick des Mannes, Frauenhand fasst Stein. Ich fasse es nicht. Möchte eingreifen, schreien und verhindern, was bereits geschehen ist. Das Menschfühl wird brüchig wie ein staubiger alter Theatervorhang, zerfällt und gibt den Blick frei auf das, was dahinter liegt. Nein, so wollte ich das nicht, niemals! begehrt ein Teil von mir auf. Vergeblich, er weiß, dass er sich irrt. Natürlich wollte ich es so. Ich wollte es verstehen, wollte es fühlen, nun bezahle ich den Preis. Ich bin. Das Fabeltierkind ist nun taub. So bleibt ihm erspart zu hören, was ich höre. Kein Kind, auch keins aus Stein, sollte das hören müssen. Es klingt wie ein morscher Ast, der zu Boden fällt und zerbricht. Nicht wie Mord, nicht wie Tod, und doch ist er es höchstselbst, der Gestalt annimmt und dem zertrümmerten Schädel raubt, was eben noch hoffnungsvoll »ich liebe dich« sagte. Wenn es sich beeilt, holt es das fliehende Sonnenuntergangslicht ein und schafft es mit ihm zusammen auf die andere Seite. Die Frau beobachtet den Sterbenden. Ich beobachte sie. Spürt sie meinen Blick, oder habe ich doch geschrien? Sie sieht mich, ihre Lippen werden schmal. Sie packt den Stein fester, während ihre Augen mich schockfrosten wollen. Keine der vergangenen Eiszeiten trug so viel Klirrkälte in sich. Wir wissen, dass es vorbei ist. Mein Menschfühl flieht, verbindet sich wieder mit allem, was ist. Ich bin das Wasser, das träge vorbeiströmt, bin der Stein, der kalte Frauenfinger um sich spürt, das Gold, bin all das, was zwischen uns vibriert, schwingt, spannt, zerrt – ach! ich müsste nur nachgeben, loslassen, schon wäre alles, wie es immer war. Doch mein letztes Ich-Fragment will nicht, dass es vorbei ist, will leben; es lebt und kämpft. Ich nehme es und renne, weg von der Kälte, klettere die Böschung hinauf, rutsche aus, schmecke Boden, Blut, kalte Luft, kralle mich in saftige Grasbüschel, trete nach hinten, dorthin, wo die Frauenhand an meinem Stiefel zerrt. Furchtbare Kopfschmerzen, ein Puls, endlich oben, Blaulicht, Zuschauer, Kinder. »Diedo hat ollesgsien«, bellt eine Männerstimme. »Die hoddieganse Zeit do gsesse!« Mit diedo bin anscheinend ich gemeint, denn eine uniformierte sonnenbebrillte Frau kommt auf mich zu. »Was ist hier passiert?«, fragt sie. »Woher soll ich das wissen?« »Haben Sie getrunken?« »Nein. Sie?« »Medikamente?« »Danke, im Moment nicht.« Warum sage ich das? Was mache ich hier? Und wo ist die Mörderin geblieben? »Ich bin nüchtern«, versichere ich. »Fragen Sie den Kormoran, der weiß es. Kormorane sind immer nüchtern, oder? Sie hat den Mann erschlagen, mit dem Ohr des Fabeltiers!« »Mit dem Ohr …« »Ja! Sie hat es genommen und ihn erschlagen. Mit dem Ohr! Und dann mich. Womöglich.« Sie lächelt und nimmt die Sonnenbrille ab. »Gewiss.« Unter mir öffnet sich der Boden. Das ist keine Metapher. Er öffnet sich tatsächlich, wieder einmal, und verleibt sich das ein, was für einige süße Momente ein Ich war und nichts weiter wollte, als ein wenig Menschfühl leben, Wärme träumen, bevor, bevor es wieder kalt wird – Wie konnte sie so schnell die Seniorinnensachen gegen die Uniform tauschen, denke ich noch. Dann höre ich auf zu denken und falle, falle. Ich falle tief in den Schlund, der mich auf der anderen Seite der Wirklichkeit wieder ausspuckt, auf der es hell und zeitlos und so furchtbar einsam ist. Am Ufer stehen Steinmännchen und das einohrige Fabeltierjunge. Sie sehen traurig aus. Vielleicht, weil neben ihnen jemand sitzt, der dort nicht hingehört. Die Frau mit den violetten Stiefeln träumt, hält einen Stein in der Hand, betrachtet ihn versonnen. Blinzelt nicht, atmet nicht. Ob sie weiß, dass sie aus diesem Traum nicht mehr erwachen wird? Original © 2010/2014 Kathrin Elfman 1/10/2015 Kolumne: Der bestellbare Günstling. Nachruf auf die deutsche Bühnenszene. Gestern Cellulitewitze, heute Agitprop. Und morgen?Read Now Gestern Cellulitewitze, heute Agitprop. Und morgen? Ein pietätvolles »Ruhe sanft in Frieden« wäre unpassend. Es ruht sich nicht sanft auf dem Scherbenhaufen der Systempropaganda. Es herrscht auch kein Frieden im ranschmeißerischen Getöse, das sich derzeit fehletikettiert als »Comedy« durch den medialen Verblödungsapparat schiebt.
> Story bei zaubertinte11.wordpress lesen 29/6/2015 Textwerk: Die DNA einer Vision. Website für die aufregende Konzeptstudie Kia Sportspace.Read Now Kunde: Kia Motors Europe
Projekt: Konzeptstudie Kia Sportspace Agentur: BippesBrandão Konzeption & Text: Kathrin Elfman Website: www.kia.com/de/specials/sportspace 29/3/2015 Spaß im Autorenalltag: Wie meine Kolumne über Nacht 13.000 neue Leser bekam (und bei Facebook dafür gesperrt wurde)Read Now Eigentlich lautet der Titel »11 Tricks, auf die man reinfallen kann, aber nicht muss«. Aber die Nummer mit der explodierten Leserstatistik ist so schräg, dass ich daraus eine Headline gebastelt habe. Es geht nämlich um Geld. Um viel Geld.
> Story bei zaubertinte11.wordpress.com lesen
9/2/2015 Kolumne: Schluss mit dem Glücksterror! 7 Tipps für Gutfühl ohne -ismus. Glücklichsein scheint keine Privatsache mehr zu sein, sondern eine öffentlich zu erbringende Leistung. Grrr...Read Now Nach Veganismus und Petitionismus ist Glücklichseinmüssen der next hot -ismus in der weberelevanten Zielgruppe. Wer nicht demonstrativ am persönlichen Mind Control Programm arbeitet, ist raus. Glücklichsein ist keine Privatsache mehr, sondern eine öffentlich zu erbringende Leistung. Grusel. Wie konnte das passieren?
>> Story bei zaubertinte11.wordpress.com lesen Und wieder geht ein Projekt der Offenbacher Agentur Bippes Brandão live, an dem ich mit Konzeption und Text mitwirken durfte: der Relaunch von Operational Services. Einem Joint Venture der Fraport AG und T-Systems International GmbH. Meine Aufgabe: die komplexen Sachverhalte aus dem IT-Universum in kohärente, leicht verständliche Texte fassen. Kunde: OS Operational Services
Agentur: BippesBrandão Konzeption & Text: Kathrin Elfman Website: www.operational-services.de >> Details und Making-of
Sounddesigner und Komponist Klaus P. Rausch transformierte sein Lese-Erlebnis von LEPLEJA auf besondere Art: Er ließ sich zu fulminanter Filmmusik inspirieren und vertonte 11 Szenen. Weil ich die Musik großartig finde, gibt's jetzt zum signierten Buch die Vinyl-CD mit Soundtrack. Exklusiv nur bei uns. Das klingt dann zum Beispiel so:
21/8/2014 Die Wahrheit ist ein blauer Teller, oder: Woher weiß ich, was ich sehe, wenn's mir keiner sagt?Read Now Wenn subjektive Wahrnehmung, Irrtum, Ideologie, Indoktrinierung, unbewusste Selbstzensur und Manipulation sich im Präfrontallappen treffen, entsteht das, was wir gerade haben. Totaler Wahrnehmungsclash. Die Realität franst aus.
>> Kolumne bei zaubertinte11.word.press.com lesen Susanne Ackstaller interviewte mich für ihren Texterella-Blog. Es geht um die Sprache der Mode, um Schönheit, Kreativität, das Älterwerden und darum, was selbstgebastelter Domestos-Jeans-Punk der 80er Jahre mit literarischer Selbstfindung zu tun hat.
Eine Leserin schreibt bei amazon zu LEPLEJA eine zwei-Sterne-Bewertung und begründet diese mit: »...hat mir Alpträume verursacht und ein beklemmendes klaustrophobisches Gefühl hinterlassen.« Das finde ich so interessant, dass ich darauf eingehen möchte. Liebe Leserin, erstmal vielen Dank! Lassen Sie uns kurz gemeinsam überlegen: Auf dem Cover steht in Leuchtbuchstaben: Psychoaktiv.
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